Bauernhof-Spaziergang bei Angelina Pucher
21.6.2024, 10 bis 15 Uhr:
Wie trägt ein Arche-Hof zum Naturschutz bei?
Am Sturm-Archehof, Winkl 19, 9844 Heiligenblut am Großglockner
BIO-Bäuerin und Biodiversitäts-Botschafterin Angelina Pucher führte über ihren Hof. Dort haben Tiere, Pflanzen und Menschen Raum, um sich in ihrer Zeit zu entfalten. Mit den alten Haustierrassen wird kostbares Genmaterial für unsere Nachkommen erhalten.
Mona Abl von der Kärntner Naturschutzabteilung berichtete über den gesamtbetrieblichen Naturschutzplan.
Zum Nachlesen
Am 21. Juni fand im malerischen Heiligenblut an der Großglocknerstraße der erste Bauernhofspaziergang im Jahr 2024 statt. Biodiversitätsbotschafterin und Gastgeberin Angelina Pucher lud auf ihren Sturm Archehof ein und bot bei perfektem Exkursionswetter ein umfassendes Angebot zum Thema: „Wie kann ein Archehof zum Naturschutz beitragen?“
Gleich zu Beginn gings hoch hinaus zu den Bergmähdern auf 1800 m Seehöhe, die Angelina seit 20 Jahren pflegt. Hier erwartete die TeilnehmerInnen eine artenreiche und bunte Wiese wie aus dem Bilderbuch. Biologin Mag. Mona Abl von der Kärntner Landesregierung, die den Spaziergang ebenso begleitete, erklärte wie rar artenreiche Bergmähder mittlerweile sind und dass es nur noch knapp 600ha davon gibt. Zwischen 60-80 Kräuter- und Gräserarten wachsen auf der Wiese am besuchten Standort und gemeinsam mit den TeilnehmerInnen konnten in kürzester Zeit Goldpippau, Deutscher Enzian, Knabenkräuter, Goldhafer, Klappertopf, Ruchgras, Margeriten, verschiedene Glockenblumenarten, sowie die Heilkräuter Johanneskraut und Arnika gefunden werden. Auch der Fetthennen Steinbrech, die Futterpflanze des hübschen Alpen Apollo, ein Schmetterling aus der Familie der Ritterfalter, war auf der blühenden Wiese vorhanden. Mona Abel gab weiters Einblicke in verschiedene traditionelle, sowie moderne Methoden der Almwirtschaft in Österreich und der Schweiz und erzählte, wie sie vor vielen Jahren zum Thema Bergmähder-Ökosysteme im Nationalpark Hohe Tauern forschte und bis heute von diesem Lebensraum fasziniert ist. Bergmähder sind ein wahrhaftiger Schatz der Berge!
Fortgesetzt wurde der Spaziergang auf dem Sturm Archehof, der etwas weiter unten auf 1300m Seehöhe liegt. Hier gab es eine kurze Jausenpause mit Kaffee und Gebäck und natürlich fehlte auch ein selbstgemachter Kärntner Reindling nicht.
Koffein- und zuckergestärkt wurde der Spaziergang wenig später fortgesetzt und Angelina führte die Gruppe Richtung Stall, wo viele seltene Haustierrassen untergebracht sind. In friedlicher Gemeinschaft leben hier Braune Bergschafe, Tauernscheckenziegen, Sulmtaler Hühner, Cröllwitzer Puten, Landgänse und Wiener Kaninchen, um nur einige der besonderen Tierrassen zu nennen. Auch zwei Österreichische Kurzhaar-Pinscher leben am Sturm Archehof, die Angelina bei der Jagd begleiten dürfen.
Beim gemütlichen Spaziergang über das Hofgelände erklärte Angelina den TeilnehmerInnen ausführlich, wie ein Archehof zum Naturschutz beitragen kann:
- Ein Archehof muss mindestens drei Rassen halten, die vom Aussterben bedroht sind und von zwei Rassen muss Herdbuchzucht betrieben werden.
- Die Tiere auf einem Archehof sind in ihrer Ursprünglichkeit erhalten und an die Landschaft angepasst. Sie sind Extensivspezialisten und Mehrnutzungsrassen, die keine Hochleistung erbringen müssen. Sie sind angepasst an die natürliche Futtergrundlage und brauchen kein oder kaum Kraftfutter.
- Archehöfe haben meist ihre eigene Nachzucht, was speziell beim Geflügel wichtig ist, da die Küken nach dem Schlupf nicht aussortiert werden und es keine Abhängigkeit zu Großproduzenten gibt.
- Durch die Almbeweidung mit Archehoftieren wird die Waldgrenze nach unten gedrückt und es entstehen offene Flächen mit einer unbeschreiblich artenreichen Fauna und Flora
- Ein Archehof ist für die Öffentlichkeit zugänglich und schafft Bewusstsein.
- Auf einem Archehof geht es nicht um ein Zurück in die Steinzeit, sondern um die Befreiung vom Überfluss.
Ein weiteres Highlight war die Wanderung auf dem Literaturweg „Lebensraum Wasser“, die entlang eines kleinen Bachs durch den Auwald führte. Am Ziel erwartete die TeilnehmerInnen ein idyllischer Teich mit zahlreichen Libellen und Kaulquappen. Das 400m2 große Gewässer wurde im Juni 2004 gemeinsam mit dem ARGE-Naturschutz ausgehoben und liegt an einem alten Grauerlenwald umgeben vom Zusammenfluss von Möll und Gößnitz. Der Teich wird nur vom Grundwasser gespeist und verfügt über eine flache Uferzone, die von zahlreichen Tier- und Pflanzenarten optimal genutzt werden kann.
Der Besuch der traditionellen Knopfmacherstube läutete den Abschluss des Bauernhofspaziergangs ein. Die Familie Pucher hat sich als wirtschaftliches zweites Standbein, um im Vollerwerb leben zu können, eine Knopfmacherstube mit Produkten vom Archehof und aus der Region eingerichtet. Beim Betreten der Stube erwartete die Besucher eine Fülle an einzigartigen Knöpfen und liebevoll gefertigten Schmuck. Angelinas Mann Hubert Pucher ist in das alte Handwerk des Knopfmachers hineingewachsen und fertigt seit 30 Jahren Unikate aus Hirschhorn, Kuhhorn, verschiedenen Hölzern, Stein und Keramik. Der Bauernhofspaziergang am Sturm Archehof war eine ganz besondere Erfahrung!