Bauernhof-Spaziergang bei Roswitha Marold

1.8.2025, 9:30 bis 12:30 Uhr:

Blühstreifen für mehr Vielfalt im Grünland

Am Plankhof, Ketten 7, 8943 Aigen im Ennstal

Roswitha Marold führte über ihren Betrieb, der sehr vielfältig aufgestellt ist. Sie und ihre Familie produzieren Rohmilch, Eier und Fleisch. Die Gesundheit von Mensch und Tier steht im Mittelpunkt aller Aktivitäten am Hof. Dazu gehört auch, der Natur Raum zu geben. Beim Bauernhofspaziergang wird Roswitha Maßnahmen zeigen, die sie für mehr Vielfalt am Hof gesetzt hat: Blüh- und Randstreifen mit Hecken und Bäumen.   

Zum Nachlesen

Wie sich Tiergesundheit, Wirtschaftlichkeit & Biodiversität gut vereinen lassen

Gemeinsam mit ihrem Mann Michael begrüßte Roswitha Marold – Biodiversitätsbotschafterin des heurigen Jahres – 13 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einem Spaziergang über ihren Bio-Hof und die umliegenden Wiesen.

Zum Auftakt stellte Sabine vom Bioverband Erde & Saat das Projekt Farming for Nature vor. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde übernahm Roswitha das Wort und dann lauschten alle gespannt ihren Erzählungen. Mittlerweile ist der Betrieb breit aufgestellt: Neben der Bio-Milcherzeugung und Direktvermarktung betreibt Roswitha auch „Schule am Bauernhof“, führt eine eigene Shiatsu-Praxis und ist seit diesem Jahr Green Care-zertifiziert – was ihr ermöglicht, ihr Angebot gezielt zu erweitern. Beim gemeinsamen Weg durch Stall und Wiese zeigte sie anschaulich, wie das Zusammenspiel von Tier, Mensch und Natur zu einem gesunden und lebendigen Hoforganismus beiträgt.

Der neu errichtete SB-Hofladen war direkt Ausgangspunkt der Hofführung. Hier vermarktet Roswitha die hofeigene Rohmilch im Milchautomaten sowie Fleisch- und Wurstwaren, Säfte, Marmeladen und viele weitere Produkte. Auch Honig aus den Bienenstöcken eines befreundeten Imkers, die auf ihren Wiesen stehen, wird angeboten.

Von dort gings gleich weiter in den Stall, zum Melkstand und hinaus auf die Weide. „Wir haben eine richtig bunte Herde hier und unsere Kühe sind unsere besten Mitarbeiter und so ist es nur selbstverständlich, dass es ihnen an nichts fehlen darf“, erzählt uns Roswitha, während wir zwischen den Tieren stehen. Grasend und neugierig rund ums uns, die Kühen der Rasse Angler Rot-Vieh, Holstein, Pinzgauer, Braunvieh und Angus zu sehen.

Ihre Gesundheit hat für Roswitha oberste Priorität und diese Tiergesundheit lässt sich gezielt fördern – durch eine ausgewogene Fütterung mit hofeigenem Heu und Silage, durch regelmäßige Weidehaltung und die Möglichkeit, dass Kälber länger bei ihren Müttern bleiben dürfen, um nur drei Beispiele zu nennen. Roswitha setzt außerdem auf eine Vielzahl natürlicher Mittel: pflanzenbasierte Wirkstoffe, Hausmittel wie Knoblauch oder Apfelessig – „oft braucht es gar nicht viel, um das Wohlbefinden der Tiere zu stärken“, erklärt sie. Seine Tiere zu kennen sei auch ein wesentlicher Faktor. „Natürlich muss das Ganze auch wirtschaftlich tragfähig für uns sein“, betont Roswitha. „Ich kann nicht nur auf die Tiere und die Natur schauen – ich muss auch an uns als Familie denken. Die Landwirtschaft muss zum Einkommen beitragen und das tut sie auch.“ Roswitha führt eine genaue Buchhaltung, kennt die wirtschaftlichen Zahlen des Betriebs ganz genau und auch Milchleistung, Zell- und Keimzahlen der Tiere, den Bedarf an Betriebsmitteln – all das haben sie und ihr Mann immer im Blick. Denn Tierwohl und Nachhaltigkeit sind nur dann dauerhaft möglich, wenn der Hof auch wirtschaftlich läuft.

Damit die Kreisläufe auf dem Hof geschlossen bleiben, spielt auch die Festmist-Miete eine wesentliche Rolle. Die Rückführung der Nährstoffe ist essenziell für die Bodenfruchtbarkeit. Die Miete wird über ein Jahr hinweg immer wieder mit frischem Mist angereichert und regelmäßig maschinell umgesetzt. Danach ruht sie etwa sechs Monate – in dieser Zeit verwandelt sich der Mist langsam in wertvollen Kompost, der schließlich als nährstoffreiche Erde ausgebracht wird.

Als besonders biodiversitätsfördernde Maßnahmen am Hof zeigt uns Roswitha nun ihre Blühstreifen. Inzwischen gibt es auf jeder Wiese Blühstreifen – auch direkt neben der Weide konnten wir einen besichtigen. Dieser wurde vor fünf Jahren gemeinsam mit Raumberg-Gumpenstein angelegt und wird seither einmal jährlich gemäht. „Damit können wir dem Artensterben ganz konkret etwas entgegensetzen“, erklärt Roswitha. „Jeder zusätzliche Quadratmeter Natur zählt – nicht nur als Abgrenzung zum Nachbarn, sondern auch, weil wir damit Nützlinge fördern und die Bodenqualität verbessern.“ Das Blühbild verändert sich im Laufe des Jahres ständig und es ist jedes Mal aufs Neue spannend zu sehen, was gerade wo blüht.

Viele einjährige Arten, die im ersten Jahr nach der Anlage noch sichtbar waren, sind inzwischen verschwunden. Dafür haben sich standorttypische, robuste Pflanzen durchgesetzt. Wird der Streifen früh im Herbst gemäht, lässt sich das Schnittgut sogar noch als Futter für die Pferde verwenden. Natürlich wachsen in den Blühstreifen auch Pflanzen, die auf einer Futterwiese problematisch wären – aber das hält sich in Grenzen. Viele dieser Arten vertragen das Mähen nicht und können sich ohnehin kaum durchsetzen. „Wir beobachten das genau, sind regelmäßig draußen unterwegs, stechen zum Beispiel Ampfer aus und greifen gezielt ein, wenn es nötig ist“, sagt Roswitha. „Das heißt für uns: mit der Natur leben. Und genau deshalb wirtschaften wir extensiver – damit solche Maßnahmen überhaupt möglich sind.“

Der Rückweg führt über die Pferdeweide und wir kommen auch am Bachlauf der Gulling vorbei. Entlang des Ufers wird von der Familie ein schmaler Gewässerrandstreifen gepflegt, der in den letzten Jahren mit vielen heimischen Gehölzen ergänzt wurde. Entstanden ist ein artenreicher Saum mit Sträuchern, Wildgehölzen und Bäumen in unterschiedlichen Höhen, der als natürlicher Wasserdamm dient und auch wertvollen Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten bietet – ein weiteres Ökosystem in der Landschaft rund um den Hof.

Kurz darauf steigen wir ins Auto und fahren nach Wörschach, wo die Familie weitere Flächen bewirtschaftet und eng mit dem Naturschutz zusammenarbeitet. Schon beim Aussteigen fällt auf: Der Boden ist tiefschwarz und moorig. An den angrenzenden Nachbarflächen lässt sich gut beobachten, wie unterschiedlich die Betriebe wirtschaften – und dabei wird deutlich: Weder völlige Nutzungsaufgabe noch zu intensive Bewirtschaftung tun der Biodiversität gut. Das Besondere an diesen Flächen: Der Mähzeitpunkt wird in Abstimmung mit dem Naturschutz festgelegt – um dem seltenen Wachtelkönig einen geeigneten Lebensraum zu sichern. Zu Gesicht bekommen haben wir den scheuen Vogel zwar nicht, doch das ist kaum verwunderlich: Er hält sich meist gut versteckt im hohen Gras, siehe dazu https://www.bluehendesoesterreich.at/naturlexikon/wachtelkoenig.

Zurück am Hof durften wir zum Abschluss noch Köstlichkeiten aus hofeigener Produktion genießen und unser Dank gilt Roswitha, die mit ihrer positiven Ausstrahlung eindrucksvoll gezeigt hat, wie gut es tut, auf sich selbst, auf die Tiere und auf die Natur zu achten. „Für mich ist Biodiversität wie ein Sicherheitsnetz ums Leben  - sie sichert unsere Zukunft, das Gleichgewicht in der Natur und unsere Ernährung - also unser Leben“, gibt uns Roswitha zum Abschluss mit auf den Heimweg.